Einkaufen

Eroski Center So, da ist man jetzt also ausgewandert, bzw. ein bißchen weiter südlich umgezogen und erfreut sich an der neuen Umgebung, an den neuen Leuten, die man so kennen lernt, geht viel auf Entdeckungstour, erledigt Beamtengänge und sucht sich eine eigene kleine Wohnung.
Man ist viel beschäftigt. Aber irgendwann muß man seinem Liebsten ja mal wieder was Ordentliches zu Futtern auf den Tisch stellen. Also geht es weiter mit der Entdeckungstour: Wo gibt es hier was für Lebensmittel zu kaufen.
Ich bewege mich hauptsächlich so in der Gegend um Capdepera, Cala Ratjada und Artá und habe auch schon die Wochenmärkte entdeckt. Aber zuerst will ich mir einen Vorrat an Grundnahrungsmitteln anlegen. Nudeln, Reis, Mehl, Wasser und so weiter. Also wohin? Natürlich springt einem sofort der große Lidl ins Auge. Aber da will ich nicht hin. Ist mir zu Deutsch. Ich bin doch jetzt in Spanien! Also ernenne ich den Eroski zu meinem neuen Lieblingssupermarkt. Zugegeben, als ich das Schild „Eroski“ zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich nicht im Traum an einen Supermarkt, in dem man Lebensmittel und dergleichen kaufen kann. Ich habe es doch tatsächlich für ´nen russischen Erotikladen gehalten … Das lag doch irgendwie nahe, oder? „Eros“ wie „Erotik“ und das „ki“ am Ende, ganz klar Russisch! – wie man sich täuschen kann.
An manchen Tagen schallt einem aus den Lautsprechern dort laute Musik entgegen und auch die Durchsagen der Verkäuferinnen erscheinen meinen deutschen Ohren ein paar Dezibel zu laut. Kein Wunder, wenn man aus der alten Heimat nur leises Geplänkel gewöhnt ist, dass einen einlullen und zu mehr Spontankäufen anregen soll. Ich stelle mich schnell auf die laute Partymusik ein und gehe gutgelaunt die Gänge auf und ab. Was gibt es denn hier alles… Aha! Andere Strategie, selbe Wirkung. Die Rhythmen stimmen fröhlich und vielleicht greift man da gerne mal öfter ins Regal. Aber nicht mit mir! Ich laß mich nicht austricksen. Erstmal die Ware checken und auf die Preise achten.
Ich bin ganz begeistert von der Obst- und Gemüseabteilung. Hier darf man doch tatsächlich noch abwiegen! Das heißt, wenn ich nur eine Paprika brauche, dann nehme ich mir auch nur eine Paprika und bin nicht gezwungen, wie vielerorts in Deutschland üblich, die Dinger im Dreierpack zu kaufen. Ich freue mich sehr, dass in Zukunft keine überzähligen Schoten mehr in meinem Kühlschrank ihren Aggregatzustand ändern müssen oder zu neuen Lebensformen mutieren, weil ich jetzt nicht mehr genötigt werde, Frischware auf Vorrat zu kaufen. Ist das nicht toll? Ein fetter Pluspunkt.

Ein paar Gänge weiter stöbere ich, trotz guter Vorsätze durch die Chips-Abteilung. Es leuchten mir jede Menge vertrauter Marken entgegen, auch noch mit deutscher Aufschrift! Blöd! Die sind bestimmt für die Touristen, weil die ja nichts essen, was sie nicht kennen. Man muß ja geschäftlich denken. Trotzdem – abgelehnt! Ich will wissen, was die Mallorquiner denn so am liebsten knabbern und finde ganz unten im Regal einen Karton, der schon ziemlich leer gekauft ist. Die Marke kenne ich nicht. Scheint aber lecker zu sein, da nur noch drei Tüten da sind. Also her damit und heute Abend vor der Glotze Probenaschen.
Ansonsten finde ich hier alles, was man so braucht. Auch bei den Hygieneartikeln greife ich zielstrebig zu Marken, die mir neu sind und beim Shampoo probiere ich gleich mal die Eroski-Marke. Wie sich später herausstellt, kann die locker mit den gewohnten teuren Marken mithalten. Ich bilde mir sogar ein, dass meine widerspenstige Mähne noch nie so geglänzt hat und so leicht kämmbar war, wie nach der ersten Wäsche mit besagtem „Billigshampoo“.
Kurz bevor ich mich an der Kasse anstellen will, stehe ich noch andächtig vor der Fischtheke. Was es da alles gibt! Fische, Krebse, Krabben, Muscheln, Tintenfische und jede Menge Meeresgetier, von dem ich noch nie was gehört, gesehen, geschweige denn schon mal gegessen habe. Ich beschließe schnell weiterzugehen, bevor mich die nette Verkäuferin hinter der Theke anspricht. Um hier was zu bestellen, muß ich erst ein paar Vokabeln pauken. Schließlich will ich mein vorzügliches Fischmenü, welches ich demnächst zu kreieren gedenke, auf Spanisch bestellen können.
An den Kassen schließlich herrscht zu bestimmten Zeiten ein mörderischer Andrang. Nicht zuletzt, weil der Kassenbereich sehr knapp bemessen und das Förderband extrem kurz ist. Ein Großeinkauf passt da nicht drauf. Man muß alles auf wenigen Zentimetern stapeln bevor es über den Scanner gezogen wird und man es wieder in den Einkaufswagen packen kann. Die Kassiererinnen sind immer nett, haben alle Zeit der Welt und sind auch nicht böse, wenn man bei ihnen sein Kupfer-Kleingeld loswerden möchte. Sollte ein Kunde doch mal etwas zu lange den Betrieb aufhalten, weil er z.B. vergessen hat, seine Zwiebeln abzuwiegen, wird eine Kollegin gerufen, die das schnell für ihn erledigt und eine zweite Kasse aufgemacht. Und niemand in der Schlange beschwert sich, jedenfalls keine Einheimischen. Man behält sein Lächeln im Gesicht, denn alles ist hier ganz „relajado“ (entspannt). Ich finde das sehr erfrischend. Während ich darauf warte, dass ich meine Sachen aufs Band legen kann, erinnere ich mich daran, wie hektisch man in Deutschland durch die Kassen gescheucht wird. Schwup-wupp-klatsch! Landet alles im Einkaufswagen ohne Rücksicht auf zerbrechliche Sachen. Da stehe ich lieber hier ein bisschen länger an. Und irgendwann kann ich auch ein Schwätzchen an der Kasse mit Rosa, Maria und den anderen Mädels halten. Das wird bestimmt gut.
Einen kleinen Wermutstropfen hat die Sache allerdings: die weltbeste mallorquinische Salami, die ich je gegessen habe, gab´s dann doch beim Lidl.

Foto: Nadja von der Hocht

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